
Tagebuch Norwegenreise 2025
Kapitel 1
Erinnerungen
Die Idee, mit dem Tagebuch anzufangen, kam mir in den Kopf, als wir bereits einige Kilometern hinter uns hatten. Unterwegs haben wir so viel Schönes in der Natur gesehen, dass ich zu mir selber sagte, das muss ich irgendwie festhalten. Denn bekanntlich neigen unsere Erinnerungen dazu, mit der Zeit zu verblassen. Zum Beispiel, als wir das erste Mal in Norwegen waren, mit meinem Mann Torsten und dem Sohn, da blieb mir die norwegische Stille sehr präsent in Erinnerung . So eine Stille habe ich in meinem ganzen Leben nicht erlebt. Ich habe danach oft gesagt, das ich Stille gehört habe. Kann man die Stille hören? Ich sage, JA.
Es war im Monat Mai. Es lag noch stellenweise Schnee unter den Bäumen. Aber der Frühling war schon durchgedrungen. Wir hatten einen schönes Ferienhaus mit einer grossen Terrasse mit dem Blick auf den Fjord gemietet. Man konnte den ganzen Fjord sehen, das Bötchen, mit dem Torsten und Alex jeden Tag zum Angeln rausgefahren sind. Ich hatte solch eine Stille und Ruhe um mich herum, dass es in meinem Gedächtnis unvergesslich geblieben ist. Ich konnte das Bötchen mit den zweien jederzeit sehen, das gab mir Ruhe, obwohl ich allein war, in einer einsamer menschenleeren Gegend, umgeben von den noch leeren Ferienhäusern. Nichts war so schön, wie diese Stille.
Würden meine beiden Männer nicht in meiner Sicht angeln, hätte ich höchstwahrscheinlich nicht solch ruhige Stunden gehabt. Seit dieser Reise nach Norwegen - wurde diese Ruhe und Stille zu einer Sehnsucht. So stelle ich mir das langersehnte Paradies vor. Vogelstimmen, das Rauschen der Meereswellen oder zitternde vom Wind getriebene Blätter der Bäume, das leise Rauschen des Grases.

Später waren wir zu viert als Familie „mit Zuwachs“, mit meiner Schwiegertochter, in Norwegen. Von dieser Reise behielt ich, als meine beste Erinnerung, - die „weißen“ Nächte. Wir haben nicht daran gedacht, als wir für Juni in Norwegen ein Häuschen mit Boot gemietet haben. Ich bin nicht mit dem Boot rausgefahren, ich habe die Zeit des Alleinseins genossen, viel gemalt und habe das Essen zubereitet, ab und zu müsste man sogar ein Feuerchen im Ofen machen, um es warm zu halten. Die Aussicht war fantastisch, das hat mir gereicht, um glücklich zu sein. Umgeben von hohen Bergen, Wasserfällen und der Sonne, die nicht unter gehen wollte.
In der ersten Nacht warteten wir auf die Dunkelheit, sie kam einfach nicht, wir waren müde, aber die Sonne ging nicht unter. Wir dachten, mit der Uhr stimmt was nicht. Aber es war schon Mitternacht. Dann begriffen wir alle, dass es die Jahreszeit ist, die man in Russland, in der nördlich gelegenen Stadt Sankt Petersburg, als „weisse Nächte“ bezeichnet. Darüber hatte ich schon mal gehört und bei Fjodor Dostojewski in seiner Erzählung „Weisse Nächte“ gelesen. Ich träumte davon, das einmal zu erleben. Was ist das? Wie ist das? Und jetzt … so unerwartet, erfüllte sich mein Traum ohne mein Wissen.
Wie wenig braucht ein Mensch, um glücklich zu sein. Etwas erleben, etwas Neues sehen, spüren, eben das Leben selbst leben. Das Leben allein ist das Glück. Keine Selbstverständlichkeit. Nehmen wir es wahr? Spüren wir dieses Glück, hier auf der Welt zu sein. Natürlich, ist die Welt nicht ideal, das Leben ist nicht leicht, Sorgen begleiten uns ein Leben lang . Aber so ist das Leben. Schon wieder füllt sich mein Herz mit Dankbarkeit, die ich mit Worten niemals fassen kann. Hoffentlich, weisst mein Schöpfer, wie dankbar ich für alles bin.
Aus dieser zweiten Reise habe ich noch ein Wunder erlebt. Das ist ein Wunder: vier Jahreszeiten auf einmal zu erleben. Ich konnte den Schnee mitten im Sommer anfassen, darauf stapfen und daraus Schneebälle formen und werfen. In einem wunderschönen See die Füsse ins eiskalte Wasser tauchen. So ein klares Wasser habe ich noch nie gesehen. Wir tranken das Wasser aus den Flüssen. Es war so sauber, dass wir uns nicht einmal darüber die Gedanken gemacht haben, ob wir davon krank werden könnten.
Und das Wasser schmeckte. Ja, Wasser kann schmecken. Nicht, weil es mit dem künstlichen Geschmack versehen wurde. Meine Offenbarung ist, dass das Süsswasser ein eigenes Geschmack hat. Wir haben es vergessen. In unseren Städten mit fliessendem Wasser aus dem Wasserhahn haben wir vergessen, wie wirklich das „lebendige Wasser“ schmeckt.

Vier Jahreszeiten
An einem anderen Ort (alle Namen sind mir entfallen) war der See so still und glatt wie ein Spiegel. Die Berge, bedeckt mit Schnee und auch der Himmel spiegelten sich im See. Auf dem Foto, die ich dort gemacht habe, sind Himmel und Berge zu sehen, die mit ihrem Spiegelbild verschmolzen sind. Das Bild vermittelt das Gefühl, Himmel auf Erden zu erleben. „Himmel auf Erden“ - das ist das Gefühl, das ich von dieser Reise nach Norwegen in Erinnerung behalten habe.
Am See könnte man noch kahle Buschzweige und verwelktes Laub, wie man von der Herbstzeit kennt, sehen. Es war ein wenig trist und Nebel hing tief. Und dann wiederum entdeckte man die frisch geschlüpften Weidenkätzchen. Und aus der Herbstzeit kam man zurück in den Frühling, all das geschah aber mitten im Sommer. Man freute sich, wie ein Kind, über diese schönen weichen Frühlingsboten mitten im Juni. Ja, vier Jahreszeiten auf einmal zu erleben, das ist ein Wunder, wie aus dem russischen Märchen „12 Monate“. Dafür war ich auch sehr dankbar, - wo erlebt man das? „Weisse Nächte“, stille, unberührte Landschaften, vier Jahreszeiten.
Leider hatte ich damals nicht den Einfall, alles, was man erlebt hat, schriftlich zu dokumentieren. Nur mit den Fotos und ein paar Videos habe ich das festgehalten und es ist gut so. Doch darüber zu schreiben, wäre, denke ich mir heute, noch besser gewesen. Denn jeden Tag ist voller Leben und der Erlebnissen. Die sind in mir drin. Aber man möchte es irgendwie zum Ausdruck bringen, doch die Erinnerungen darüber sind bereits verblasst. Sie sind nicht mehr „frisch“ und deshalb ist es nicht mehr möglich, darüber zu schreiben, ohne sie zu verfälschen.

Himmel auf Erden
Die nächste Reise nach Norwegen war schon mit dem Wohnmobil. Mit meinem Mann, nach der ersten Aufhebung der Koronazeit (die Wissenden wissen, wovon ich rede). Torsten hat, wenn ich mich nicht irre, 3 Wochen Urlaub dafür eingeplant und wir fuhren los.
Die beste und lustigste Erinnerung von dieser Reise die mir geblieben ist, ist dank eines Norwegers. Torsten plante bis zum Nordkap durchfahren. Leider war es kalt und regnerisch zu dieser Zeit und wir bliesen unsere Pläne ab. Die Kälte hat uns sehr zugesetzt.
Das beste war damals die Fahrt auf der berühmten Atlantikstrasse. Einfach fantastisch. Aber es war auch die Hochsaison, viele Touristen waren zu dieser Zeit unterwegs, von wegen Ruhe und Stille. Deshalb suchten wir ein wenig Zweisamkeit fern ab von von Touristen überlaufenden, Ortschaften.
Auf einem Stellplatz in Hustad, nahe der Atlantikküste, nahm Torsten seine Angelrute und ging angeln. Ich, blieb wie immer „daheim“. In der Nähe konnte ich beobachten, wie ein norwegisches Ehepaar angelten. Er kam auch mit dem Wohnmobil, ging aber nicht zum See, blieb auf dem Steg stehen, angelte in dem „natürlichen Hafen“, warf seine Angelruten aus und kurz darauf holte er schon einen großen Fisch aus dem Wasser. Seine Frau war nicht schlechter als ihr Mann und holte einen Fisch nach dem anderen aus dem Wasser.
Toll! Ich dachte, mein Mann hat genauso viel Erfolg beim Fischen und ging um nach ihm zu sehen. Zu meiner Überraschung hat mein Mann gar nichts geangelt. Es wird heute kein Fisch zum Mittag geben und ging ein wenig enttäuscht zurück.
Nach einiger Zeit hörte ich den norwegischen Fischer zu unseren Nachbarn auf Englisch sprechen. Mit meinen winzigen Kenntnissen habe ich verstehen können, dass er ihnen seine Fische schenken wollte.
Neben uns parkten die „Russen“, nee, sie waren aus Deutschland, wahrscheinlich, waren sie „Russlandsdeutsche“, sie sprachen unter sich einfach Russisch. Sie haben das grosszügige Geschenk abgelehnt, weil sie selber, angeblich genug hatten oder aus Stolz, denn sie waren auch wegen dem Fischen nach Norwegen gekommen. Dann bot der Gütige mir seine Fische an. Ich habe sie mit „Thank You very Match“ entgegengenommen und habe schon Vorfreude gehabt, sie Torsten zu präsentieren. An diesem besagten Tag hatte Torsten tatsächlich nichts gefangen. Und wie bei jedem unglücklichen Angler war alles andere Schuld: Wetter, Wellengang, schlechte Stelle, schlechte Ausrüstung. Dies und jenes hat er erwähnt.
Ich habe ihm dazu entgegnet: „Ich habe auch gefischt, schau, was ich heute geangelt habe“. Die Überraschung ist gelungen. Ich wollte meine Dankbarkeit unseren norwegischen Nachbarn zum Ausdruck bringen und zum Glück hatten wir noch ein „edles Tropfchen“ dabei und Schokolade aus der Schweiz. „Perfekt, - dachte ich, - etwas für den Herrn und natürlich für seine erfolgreiche Frau“. Denn sie war, wie ich beobachten konnte, sehr gut dabei, Fische aus dem Wasser zu holen. Sie haben uns so viele Fische mitgegeben, dass wir noch welche davon mit nach Hause nehmen konnten, und Torsten nicht mehr den ganzen Tag mit Angelrute zu verbringen musste. Das blieb mir in der Erinnerung. Die Freundlichkeit der Norweger.
Ausserdem, erinnerte mich diese Geschichte an die Geschichte aus der Bibel. Als Petrus, Andreas und andere Fischer ganze Nacht gefischt und nichts gefangen haben, müde und mit leeren Händen zurückgekehrt sind, motivierte sie Jesus nochmal zu versuchen, die Netze auszuwerfen. Anfangs zögerten sie und dann doch haben sie es getan. Die vollen mit Fischen Netze fingen an zu reissen. Das hat sie überzeugt, dass Jesus - der Sohn Gottes war. Meine Geschichte scheint nicht so spektakulär zu sein wie in der Bibel, aber nur deshalb, weil wir uns verlernt haben, das Leben zu bewundern. Das Leben an sich ist ein Wunder. Wir haben verlernt, dankbar zu sein für dieses Wunder. Denn im Grunde genommen, haben Torsten und ich Ähnliches erlebt, aber wir nahmen das Ganze zwar als etwas Erfreuliches, aber nicht als etwas Wundervolles an. Natürlich, haben wir uns für alles beim Gott im Gebet bedankt, auch für unser Essen, das Fischgericht auf unserem Tisch. Aber haben wir es so gesehen, wie ich es heute sehe?
Nein, wir haben uns nur gefreut. So ist unser Schöpfer. Bereitet uns Freude, freut sich für uns, aber bleibt im Verborgenen. Weil er ein glücklicher Gott ist, will Er uns auch glücklich sehen. Danke, lieber Vater im Himmel, lieber später als nie, für dieses moderne Wunder!

Auf dem Weg zur Fähre
Die Heutige Reise war lange geplant und zwar von meinem Mann. Er wollte schon immer zum Nordkap. Ich war nur mäßig daran interessiert. Das Nordkap - Gut dann das Nordkap. Wir haben schon einmal dieses Ziel gehabt, hatten aber sehr knapp Zeit einkalkuliert. Die 3 Wochen Urlaub - wie blauäugig! Auf der halben Strecke kehrten wir um. Wie ich bereits erwähnt habe, es war zu kalt und zu regnerisch, man sehnte sich einfach nach Wärme und Sonne. Dieses Mal, mit dem unbezahlten Urlaub, scheint dieses Ziel nicht so „weit entfernt“ zu sein.
Auf der Reise zur Fähre, die uns nach Norwegen übersetzen sollte, haben wir einen Stellplatz in Dänemark gefunden. Das Land, wo wir durchreisten, hat mir sehr gefallen, das ist das, was wir beiden lange suchen. Ruhige Landschaften, die Weitsicht und die Stille. So war es auf dem ersten Stellplatz in Dänemark. Wir waren mit dem Wohnmobil die Einzigen, die dort übernachtet haben. Wir schliefen wie die Babys. Ob der Vergleich stimmt? Die Babys werden oft nachts wach und weinen. Wir haben, sagen wir mal so, süss geträumt.
Nach dem Aufwachen haben wir beide gesagt, diesen Ort muss man sich für die Zukunft gut merken. Wie hiess der Ort - das weiss nur Torsten oder hat er es schon vergessen? Zu dieser Zeit waren Ortsnamen noch nicht wichtig. Jetzt ist es was anderes, ich versuche mir die Ortsnamen zu merken bzw. sie zu notieren.

Blick von der Fähre auf den Hafen in Dänemark
Wir kamen zum Hafen der Fjordeline in Hirthals (Dänemark) 2 Stunden vor der Abfahrt unserer Fähre. Das Wetter war sehr schön, sonnig und warm. Es hiess, das Gas sollte abgedreht werden, der Hund sollte während der Fahrt im Auto bleiben. Die Trennung vom Hund war für mich schmerzhaft, da ich nicht wusste, wie meine Schilka alleine die Fahrt übersteht. In Ihrem Hunderucksack eingeschlossen 3-4 Stunden auszuharren, in voller Dunkelheit und von fremden Geräuschen umgeben, kein Frauchen und Herrchen in der Nähe. Grauenvoll.
Aber es hat geklappt, die Freude des Wiedersehens war riesig gross. Das erinnerte mich an die Eigenschaft - die Freude. Bei niemanden habe ich diese Eigenschaft so intensiv erlebt, wie bei Hunden. Sie freuen sich einfach, weil du da bist. Ganz gleich, was passiert, Du bist da und es ist allein der Grund zur Freude. Was hat da unser Schöpfer im Sinn gehabt, als Er „dieser Schöpfung“ einen „Odem des Lebens“ gab? Pure Freude und Liebe in einem kleinen Knäuel, wie meiner Schilka?
Ich bin sehr dankbar:
- erstens, Freude wahrnehmen zu dürfen,
- zweitens, darüber nachdenken zu können,
- drittens, emotional bewegt zu sein und,
- letztendlich, auch die Dankbarkeit zu empfinden, wenn ich sie erlebe.

Unsere erste Haltestelle in Norwegen nahe Kristiansand
Ab auf die norwegische Strasse, umgeben mit atemberaubenden Landschaften, Felsen, Fjorden, Bergen, Feldern, unzählige Tunnels. Auf der norwegischen Strassen zu fahren ist Abenteuer pur! Hinter jeder Kurve, Biegung und Kreuzung weitere Blicke in die Natur, die Begeisterung steigt! Die Erinnerungen kommen: waren wir schon hier? Sind wir hier mal gefahren? Ja, nein, wann? Es hat sich viel geändert seid unserer letzter Reise?! Ach, hier würde ich für immer bleiben wollen! Schau mal, da ist ein Haus zu verkaufen! Wow, wie schön wäre es so zu leben, am Wasser, mit einem Boot, ganz für sich, allein! Träum- träum…
Die Realität: wo arbeiten Norweger, wenn sie hier wohnen, wie kommen sie zur Arbeit im Winter, wie läuft das Leben in dunklen Monaten ab…. Ach, was soll’s. Es ist so schön hier, lass uns einfach das geniessen!

Mein erster Bergsteigen in Norwegen zum „ Goldenen M“
Erste Station: Tankstelle „ESSO“. Hey, wie viel Säulen für die E-Autos, wow, nicht schlecht. Sowas in Europa noch nicht gesehen. Die Norweger sind aber mit den E-Autos im Vormarsch.
Hey, auch das Restaurant „Zur Goldenen M“ (Mac Donald‘s) ist direkt an der Tanke. HUNGERRRRR…. Brummt der Magen. Schon wieder? Wie kommt’s? Auf der Fähre — große Sandwiches, und einen schönen Stück Kuchen… Alles ist vergessen. Der Instinkt der Selbsterhaltung funktioniert einwandfrei.
Ich wollte schon auf der Fähre ein Schälchen Pommes haben. Torsten wollte nicht in der Schlange warten, er brachte mein Lieblingsparfüm als eine Entschädigung. Das Parfüm hin oder her. Der starke Wunsch nach Pommes blieb. Also, nehmen wir dann ein Menü mit Pommes. Den Fish Mac gibt es nicht in Norwegen. Alles klar, was ist ein Fish Mac, wenn einem die Fische vor der Nase tanzen. Ich vermisse den Fish Mac, aber mein Verstand sagt, warte. Torsten hat Angelruten mit dabei, du wirst schon dein Fish Mac bekommen. Grins…

Auf dem Spaziergang vor unseren ersten Nacht in Norwegen
Voll gepumpt mit Fastfood fahren wir weiter zum Stellplatz. Nicht sehr weit, der Stellplatz für zig Wohnmobile ist komplett leer. Wir sind ganz allein unter uns, einsam und abgeschieden von allen. Eigentlich brauchen wir die Fenster nicht zu schliessen, aber die Gewohnheit siegt, alles wird vor dem Schlafengehen verschlossen. RUHE STILLE SCHLAF….
Das war der 27. April 2025
Fortsetzung folgt…
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