
Kartenausschnitt
Heute nach dem Frühstück wollte ich allein zum Sausebakk gehen, ohne zu wissen, was er ist. Das Knie von Torsten schmerzt noch immer . Wir durchsuchen unsere Medizinvorräte, finden nichts, was ihm helfen könnte. Er entscheidet sich, mit Nordic Walking Stöcken (ein sehr passender Name) mich zu begleiten.
Der Sausebakk liegt, vom Parkplatz aus gesehen, auf der gegenüberliegenden Strassenseite, durch das Törchen mit dem Warnschild über weidende Tiere (kennen wir schon!), an den Äckern und Wiesen vorbei.
Als Ackern kann man diese verwilderte Landschaft eigentlich nicht bezeichnen. Vielleicht waren früher hier Felder, die von Menschen als Acker benutzt wurden? Heute lassen die übrig gebliebenen Steinabgrenzungen nur erahnen, dass hier mal vor tausenden von Jahren Felder gewesen sein könnten, die Ackerbauern mit Nahrung versorgt haben.
Heute sehen wir überall nur eine abgeholzte Landschaft mit Steinen, die über die ganzen Felder verteilt sind . Nicht gerade schöner Anblick. Diese verwilderte Landschaft auf den Vordermann zu bringen ohne schweren Maschinen, Baggern und Traktoren ist ein Akt der Unmöglichkeit oder der Verzweiflung.

Hier steckt viel Schweiß drin
Was haben die Völker von der Frühzeit alles tun müssen, um eine solch wilde Landschaft in ein Ackerfeld zu verwandeln?! Wieviel Arbeitsstunden oder -jahren wurden benötigt bis die ersten Samen darauf fielen? Sofort kommt der biblische Vers aus 1. Mose 3:19 in Erinnerung:
“Im Schweiße deines Angesichts wirst du Brot essen, bis du zum Erdboden zurückkehrst, von dem du genommen wurdest. Denn Staub bist du und zum Staub wirst du zurückkehren.“

Entwässerung
Staub zu Staub: Alles nur mit bloßen Händen, mit gebeugtem Rücken, mit ihren geschundenen Leibern, gezeichnet von der schweren Arbeit. Es wundert uns nicht, dass Menschen in früheren Zeiten kaum 50-60 Jahre erreicht haben . Dem Hunger und Schmerz, der Kälte und Krankheiten ausgesetzt, war der Tod näher als es einem lieb wäre. Ich sage zu Torsten: „Hut ab von diesen Menschen, vor ihren Leistungen, vor ihrem rauen Leben“.
Letztendlich schulden wir unser Leben denen, die vor uns lebten in der ganzen vor uns liegenden menschlichen Geschichte. Sie haben es geschafft, zu überleben, und gaben das kostbare Leben weiter, - ein kostbare Erbe, an Söhne und Töchter. Und nun, nach tausenden von Jahren haben wir das Leben in dieser wunderbare Welt erblickt. Schätzen wir dieses Geschenk vom Himmel, wie es sich gehört ?!?

Törchen mit Warn- und Hinweisschildern
Der Weg führt zuerst zu Kyststien. Keine Ahnung, was damit gemeint wird, der Google-Übersetzer ist zu schwach dafür, es gibt etwas eigenwilliges oder gar nichts dazu. Denn, wenn es um Ortsnamen o.ä. geht, da ist auch der Herr Google machtlos. Deshalb marschieren wir einfach los. Wir hoffen, eine Infotafel zu sichten und daraus schlauer zu werden.
Torsten, mit Laufstöcken ausgerüstet, trottet tapfer hinterher. Er hat mir geschworen, dass er sofort zum Wohnmobil umkehrt und auf mich dort wartet, wenn es mit seinem Knie nicht mehr weitergeht. Immer wieder schaue ich ihn an, aber er winkt mir zurück, gibt mir zu verstehen, dass ich mir keine Sorgen um ihn machen soll. Keine Klage kommt von ihm.
Der Weg wird jedoch mit jedem weiteren Schritt nicht nur für ihn, sondern auch für uns mit Schilka immer gefährlicher. Es sind nur Steine um uns herum und Schilka muss sich hinter mir her ihren eigenen Weg bahnen.
Langsam verstehen wir, was auf Norwegisch KYSTSTIEN bedeutet: Küstenstein oder die Steinküste. Eine Steinküste, die wir in diesem Ausmaß noch nie im Leben gesehen haben. Diese Steine sind überwältigend und sie selbst zu bewältigen, um ans Wasser zu kommen, scheint mir unmöglich zu sein.

Der Akt der Unmöglichkeit ans Wasser zu kommen mit dem Hund im Schlepptau: einer von beiden wird seine Beine bestimmt brechen.
Nein, ich kehre zurück zu meinem Mann, der auf mich geduldig wartet. An dem Platz, von wo man nur mit Sprüngen vom Stein zum Stein vorwärts kommen kann. Fotografiere um mich herum bunte, runde eckige, mit verschiedenen Moosarten bewachsene Steine und eine karge, aber schöne Vegetation. Ich erkenne dabei Moosnelken, Schaumkraut und Steinkraut, die andere erkenn ich nicht.
Wir schauen aus nach dem nächsten Hinweisschild um. Wir wollten doch zum Sausebakk. Der Google-übersetzter hat diesen Namen als Souceschale übersetzt. Nicht weit sehe ich eine Art natürliches Wasserbecken und rufe: „Das ist, wahrscheinlich, diese Saucenschale!“

In moorigen Gebiet ist die Vegetation schon anders als beim Steinfeld
„Nein, nein, wir müssen weiter, da ist der Weg vor uns gekennzeichnet“,- bekomme ich von meinem Mann zu hören. Tatsächlich, ich sehe Pflöcke mit blauen Streifen vor uns, die als Wegweiser dienen. Auch ein Stück weiter sehen wir Hinweisschildern. Mit dem Fernglas ausgerüstet, können wir entziffern, dass es weiter geht. Der Weg läuft mitten durch das Steinfeld, an manchen Stellen durch moorige und matschige Landschaft. Wir versuchen, von Stein zu Stein unseren Weg zu “ebnen”, aber unsere Schilka läuft einfach durch den Matsch und im Nu wird sie bis zum Bauch mit dem braunen Dreck bedeckt. „Heute bekommt sie eine Dusche, - konstatiere ich,- es geht nicht anders.“
Dann bleiben wir stehen vor einem Pfeil, der uns die Richtung zum Leuchtturm hinweist, etwa 4,5 km bis zum Lista Fyr durch das Steinfeld. Und wo ist der “Sausenbakk”? Nichts als laute Steine im Sicht. Und Torsten sagt, dass das ein Stein sein muss. Wo sollen wir ihn finden? Der Weg endet hier mittendrin. Wohin jetzt?

Kaum erkennbarer Pfad und umgenieteter Pflock, der wahrscheinlich den Weg zeigen sollte
Insgeheim denke ich mit Argwohn, dass wir uns verlaufen haben und erinnere mich an das von mir entdeckten „Wasserbecken”, das ich für die „Saucenschale“ hielt. Ich hatte doch Recht! Und Torsten weisst jetzt auch nicht mehr weiter.
Dann entdecke ich einen sehr unscheinbaren „Pfad“ durch den Matsch und die Steine, der nach oben zum Hügel führt, und erahne eine Art “Stufen” aus Steinen. Langsam kommt die Vermutung, dass wir auf diesen Hügel steigen sollten. Torsten zweifelt, ich gehe vor, wie ein Späher, der auskundschaftet , ob meine Vermutungen stimmen. Die Abenteuerlust packt mich und steigt in mir auf , genauso wie der Appetit beim Essen!
Ob ja oder nein, weiter durch diese Steinwüste will man sowieso nicht gehen, wir müssen rauf zu den „Weideflächen“, an deren Zäunen vorbei und dann den Weg zurück einschlagen. Plötzlich entdecke ich Spuren in Matsch - die Stiefelabdrucke des „Pioniers“, der vor uns hier war. Ha, die sind sehr gut sichtbar auf der feuchten Erde. Dank dir, bin ich überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Torsten folgt mir, Schilka trottelt auch, obwohl unwillig hinterher.

Anstatt den Sausebakk entdeckten wir einen Bunker vom 2. Weltkrieg
Für Torsten ist es nicht gerade leicht, aber mit Laufstöcken schafft er auf dem rutschigem Boden den steilen Aufgang auch.
Das erste, was wir zu Gesicht bekommen, sind die Überbleibsel vom …. Na klar, vom 2. Weltkrieg. Dieser Krieg hat überall Spuren hinterlassen und ich habe das Gefühl, dass sie uns auf Schritt und Tritt verfolgen. Wie wir später herausstellen sollen, mein Bauchgefühl lag richtig.
Davon kann man nicht entkommen. Ein Bunker, gut erhalten, ein Gebäude aus Stein u.a. Mauern, Betonwände etc.. Auf der Infotafel lesen wir, dass während des 2. Weltkrieges das eisenzeitliche Gräberfeld von den deutschen Besatzungstruppen teilweise zerstört wurde. Darauf wurde dann ein Teil der Verteidigung „Festung Lista“, die wir bereits gestern besucht haben, und hier an diesem Ort hier deutsche Militär-Stellung eingerichtet.

Und dann entdecken wir den geheimen Sausebakk 🤗
Na und dann sahen wir diesen berühmten Stein: Sausebakk. Aber wir sind immer noch ahnungslos, warum er so berühmt geworden ist. „Sause“ aus dem Norwegischen wird als Sauce übersetzt. BAKK wird übersetzt als BODEN. Gesamt eingegeben: SAUCENSCHÜSSEL.🫣
Gut, dass es die Infotafel gibt. Es hieß dort, dass Sausebakk als Kultstätte für Menschen aus der Frühgeschichte diente. Für sie war Fruchtbarkeit sehr wichtig. Der fruchtbare Boden gab Nahrung, und stellte damit die Lebensgrundlage dar. Die Vanen sind ein Göttergeschlecht der nordischen Mythologie mit Fruchtbarkeitsgöttern wie Njord, Frey und Freya. Man opferte dem Njord um sich Glück auf dem Meer, eine sicher Reise und reichen Fischfang zu sichern. In der jüngeren Vergangenheit diente Vanen als Orientierungshilfe und zeigt reiche Fischgründe an.
Außerdem wurde uns versichert, dass wir uns auf einer der schönsten und intaktesten Kulturlandschaften Norwegens befinden. Unter Listas ältesten Gehöften, die alte Namen tragen wie Stave, Vere, Penne und Hauge.
Schön ist es hier wirklich, ich würde jedem empfehlen, diesen Ort bei Gelegenheit zu besichtigen.

Infotafel

Zwar sind wir keine Anbeter der Fruchtbarkeit, aber beim Anblick der umliegenden Landschaft, kann man Verständnis für die früheren Völker empfinden. Umgeben von Steinen, Felsbrocken, sich auf das raue und bedrohliche eiskalte Meer einzulassen, allen vier Windrichtungen ausgesetzt, mussten sie jeden Tag um ihr Leben fürchten. Man wusste leider nichts besseres, als Vanen anzurufen.
Diese Zeitperiode wurde als die Zeiten der Nationen bzw. des Heidentums in verschiedenen Bibelübersetzungen bezeichnet, Menschen suchten nach Gott und konnten ihn nicht finden. Haben sich eigene Götter gemacht und feierten sie. Handeln die Menschen heute nicht ähnlich? Suchen sie nicht als Ersatz für Gott etwas, was an frühere Kulthandlungen oder einer Idolenanbetung erinnert?

Beim humorvollen norwegischen Trödler gesichtet
Wir kehren auf einem anderen Weg zurück , der Weg führt uns an weidenden Kühen und Feldern vorbei. Wir können unseres Wohnmobil weit entfernt sehen, mit dem Fernglas sogar ganz nahe, aber können nicht auf dem direkten Weg zu ihm. Wir gehen einen Weg, der durch ein Dörfchen führt, an zwei Pferdchen vorbei, an einem humorvollen norwegischen Trödler.
Ich kann Englisch nicht genau verstehen und mache ein Foto, lasse von dann von Herrn Google halbwegs übersetzen und frage mich, wer ist eigentlich Magnus Carlson?

Über Magnus Carlsen auf Google
Dank Google habe ich den norwegischen Witz verstanden und konnte gut lachen, lieber später als nie: Wenn alle militärischen Konflikte der Welt auf einem Schachbrett geklärt würden…
Über Magnus Carlsen liest man Folgendes: „ Sven Magnus Øen Carlsen ist ein norwegischer Schachspieler. Er war von 2013 bis 2023 Schachmeister, zudem mehrfach Weltmeister im Schnell- und Blitzschach.“ 👏
Hört sich sehr spannend an. Beim nächsten Schachturnier bin ich dabei, denke ich.
„Im Jahre 2004 errang Carlsen den Titel eines Großmeisters als damals zweitjüngster Spieler von 13 Jahren, 4 Monaten und 27 Tagen…. 👏
…Breite Aufmerksamkeit erhielt Carlsen für seinen freiwilligen Verzicht auf die Verteidigung des WM-Titels bei der Schach-WM 2023; bis zu diesem Zeitpunkt war er 10 Jahre lang Schachmeister.“ 👏
Ja, wenn man alle Konflikte auf dem Schachbrett lösen könnte, wäre kein Blutvergiessen nötig.🙏
Wir erreichen unseren Wohnmobil und überlegen wie es weiter gehen soll.
Fortsetzung folgt…
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