
Guten Morgen, Sonnenschein!
…
Und wir bleiben in Åvika doch. Morgens früh gewährt mir mein Mann das Privileg, zuerst die Dusche zu betreten. Genuss pur, das Wasser ist warm bis zum Abschluss der Prozedur. Er aber verzichtet darauf, wahrscheinlich, will nicht mit kaltem Wasser duschen. Aha… ich habe ihn somit entlarvt. Er wusste davon, zumindest aus meinen ständigen Beschwerden über das kalte Wasser. Er traut sich nicht, vermutlich zu experimentieren. Mir hat er immer gesagt, ich benutze viel zu viel Wasser und deswegen schafft die Heizung nicht, so viel Wasser in kurzer Zeit aufzuheizen. Wir werden noch lange unterwegs sein und werden den Grund herausfinden, um welches Phänomen es sich beim Warmwassermangel handelt, versprochen.

Nachts in Åvika
Auf jeden Fall fühle ich mich nach der Dusche pudelwohl und föhne mein Haar, dabei fällt mir auf, dass ich zum Friseur dringend muss, aber wo findet man hier einen. … Ich nehme Schere in die Hand und kürze mir mein Pony. Schilkas Scheren sind sehr scharf und es klappt gut, Pony ist etwa 1 cm kürzer. Ich konstatiere, dass wir beide eigentlich zum Friseur müssen. Torsten nickt. Er läuft schon mit einem „1-Woche“-Bart und hat nicht vor, sich zu rasieren. Ich bitte Torsten, mir zu helfen, er zipfelt noch an meinen Nackenhaaren, die Frisur ist fertig.
Dann nehme ich mir meine Schilka vor, auch ihr Pony muss gekürzt werden. Das passiert schon draussen. Sie windet sich, sie mag nicht, wenn ich mich als Hundefriseur betätige. Ihre Augen sind freigeschnitten, jetzt sind die Pfötchen dran. Ich versuche die von Schilka abgeschnittene Haare irgendwie festzuhalten, weil der Wind sie in alle Richtungen auseinander weht. Schilkas Haare werden buchstäblich „vom Winde verweht“.
Nein, es geht so nicht, müssen wir es andermal machen, an einem „stillen Örtchen“. Aber sie schaut schon besser aus und ist erleichtert, dass ich mit meinen Ambitionen aufgehört habe. Vorsichtshalber sucht sie ihr Schutz auf dem Schoss meines Mannes. Das kenne ich. Das „Baby“ will getröstet werden. Wir setzen uns im Schatten unseres Wohnmobiles, weil es draussen sehr schön und sonnig ist. Aber der Wind ist so kalt, dass ich mir noch dazu eine Decke hole und mich in diese Decke einrolle.
Wir machen gemeinsam die Kreuzworträtsel. Ich biete meinem Mann einen Wettbewerb an, wer am schnellsten sie löst. Er lehnt es ab mit Argument, du machst es schon lange. Aha, wenn ich diese Kreuzworträtsel löse, dann sagt er, ja das ist ja alles dasselbe. Na gut, aber mitmachen will er dann doch nicht. Schade.
Mittlerweile kann ich kreuzworträtseln sehr gut. Manchmal klappt es sogar komplett aufzulösen. Doch meistens bleiben am Ende 4 bis 6 Wörter ungelöst: entweder weil ich falsch geschrieben habe (passiert leider öfter) oder weil es um irgendwelche Orts-, Fluss-, Menschennamen geht. Aber ich bin zufrieden mit meiner Leistung, dafür habe ich seit langem einen Grund.

Jedem sein Hobby
Als ich gerade nach Deutschland kam und nach dem Sprachkurs und der Weiterbildung meinen ersten Arbeitsplatz hatte, saßen wir mit Kolleginnen im Pausenraum. Ich versuchte in einer Zeitschrift ein Kreuzworträtsel zu lösen. Natürlich war bei mir nur wenige Zeilen ausgefüllt.
Zu unserem Tisch kam ein Kollege, sah meine Mühe an, nahm meine Zeitschrift und den Stift in die Hand — und.. in ein paar Minuten war alles gelöst. Ich war sehr beeindruckt über seine Schnelligkeit. Ich dachte, dass die Kreuzworträtsel komplett zu lösen ist ohne Hilfsmittel nicht möglich. Seit diesem Vorfall hatte ich immer gerne Worträtsel gemacht, später wechselte meine Interesse auf Sudoku u.a..
Mittlerweile, wette ich mit mir selber, wie schnell und fehlerfrei ich eine Kreuzworträtsel löse. Ich weiss, dass es sehr schwere davon gibt, wie gesagt, mit Namen usw. da bin ich nicht fit, aber andere löse ich schnell, kaufe immer wieder neue, nehme sie auf Reisen. Ich lerne immer wieder Neues daraus : neue Worte, neue Namen etc.. Ich empfehle Kreuzworträtsel als Denkfitness und als Bereicherung des Wortschatzes. Oft rätsele ich abends, es ist wie eine Schlaftablette, macht letztendlich müde und ich schlafe sofort ein. Also, als Schlafhilfe geeignet, wenn es jemand braucht. Zumindest mir hilft es.

Ganz alleine für sich 😊
Dann kommt der Norweger zu seinem Kutter. Er bringt für einen der Gäste frischen Lachs mit. Torsten will sofort bei ihm noch eine Nacht bezahlen. Weil heute Sonntag ist, sagt der Fischer, werden vier Norweger abreisen, die Franzosen nebenan sind schon morgens früh abgereist. Das sind die, die auch zum Nordkap reisen. Wir wollen noch hier bleiben, weil Torsten erfahren hat, dass in Norwegen die Gasflaschen nicht mehr wie früher kaufen kann. Es hat sich einiges geändert seit unserem letzten Urlaub in Norwegen. Wir sind nicht ganz auf dem Laufenden. Die Gasflaschen werden nicht mehr ausgetauscht, sondern aufgefüllt. Dafür benötigt man spezielle Vorrichtung. Wir haben sie nicht.
Auf dem Weg zu Åvika sind wir an einem GAS-Grosshändler vorbei gefahren. Torsten will dann am Montag zurück zu ihm fahren, in der Hoffnung alles zu besorgen, was wir zum Auffüllen der Gasflaschen benötigen. Hoffentlich klappt es. Es muss klappen. Denn die Gasflaschen sind alles für uns: die Heizung, die Wärme, das Essen, das Warmwasser. Als „Warmduscher“ werden wir ohne Gas nicht schaffen (Lacher). Aber es stimmt. Deshalb bleiben wir bis Sonntag hier, morgen kehren zurück und damit werden die Franzosen einen guten Vorsprung haben. Aber Torsten hofft, dass wir uns nochmal begegnen. Sehr nettes Ehepaar, sagt er. Er wollte gerne noch mit ihnen plaudern.

Ruhe und Stille
Meine Birchermüsli machen mich satt, zu Mittag haben wir noch nichts gekocht. Ich überlege, was ich heute kochen könnte und… wieder vergesse. Wenn man satt ist, kein Wunder. Der Gesättigte kann den Hungrigen nicht verstehen. Torsten geht immer wieder mit Angelrute raus, ich sticke. Ruhe…
Tatsächlich, einer nach dem anderen fahren Feriengäste ab, der Platz lichtet sich. Wir können unseren „Bobil“ umparken. Jetzt stehen wir vor den Ferienhäuschen, die uns vom Wind schützen. Man kann draussen auf der Bank sitzen, die Sonne knallt. Trotzdem weht noch kalter Wind. Im Nu kriegt man Sonnenbrand und wir schmieren unsere Gesichter mit Sonnenschutzcreme. Unsere Gesichter sowieso leuchten schon Rot, wie die Leuchttürme. Insbesondere, bei Torsten. Es hat noch gefehlt, dass er einen Sonnenbrand bekommt.
Ich sitze im schwarzen T-Shirt und werde von der Sonne regelrecht aufgeheizt. Aber es ist schön draussen und man will nicht wieder ins Auto. Ich bleibe draussen sitzen mit dem eingecremten Gesicht und Händen. Neben uns steht noch „der letzte Norweger“, der nicht weg will. Macht die Musik an, was Torsten nervt. Torsten nimmt seine „Öhrikis“, stopft die Ohren zu, er kann es nicht ertragen, beschallt zu werden. Mich stört die Musik nicht, aber Torsten reagiert anders. Für ihn ist unvorstellbar, mit einem Wohnmobil in der Natur zu stehen und dann irgendwelches Geplapper vom Radio oder TV anzuhören. Warum können Menschen nicht einfach der Natur zuhören: Vögel- Wald- Meer.
Und dann kommt der Moment, wo der Nachbar doch noch nach Hause fährt und wir bleiben alleine für sich. Vielleicht wollte der Norweger dasselbe? Schade für ihn, wir haben es nicht so eilig und bleiben länger stehen, noch eine Nacht. Eine leise, stille, ruhige, einsame Nacht. Schön.

Der Besitzer hat uns noch den Zettel in die Hand gedrückt, leider steht sein Name nicht auf dem Blatt. Trotzdem Danke, es war sehr schön an diesem Ort!
Ich schlage vor, heute Abend Grill anzuschließen. Wir haben im Gefrierfach Grillfleisch und -Würste. Tolle Idee, - meint mein Mann. Ich glaube, er ist sehr, sehr hungrig. Ich schäle deutsche Kartoffeln. Das betone ich, weil ich erst in Norwegen erfahren habe, dass man Kartoffeln nach Norwegen nicht einführen darf. Die Norweger wollen vermeiden, dass sich irgendwelche Kartoffelkrankheiten in Norwegen verbreiten. Wir wussten nichts davon und wir wurden nicht darauf gefragt. Ich verstaue die Schalen in eine Papiertüte, dann in einen Zellophanbeutel, kommt alles noch in noch größeren Beutel und erst dann in den Abfall. Hoffe, dass es am Ende gut geht. Nächstes mal werden wir gesetzestreu handeln.
Zu gekochten Kartoffeln gibt es noch Tomaten-Mozarella-Salat und geschmolzene Butter für Kartoffeln. Die Kartoffeln sind echt lecker, mehlig und mit Butter - ein Genuss. Die Grillwürstchen sind prima, aber Grillfleisch… hm?
Wir haben es hier gekauft und es schmeckt irgendwie ungewöhnlich, süßlich. Machen wir daraus was anderes,- schlage ich vor. Ab in den Kühlschrank. Ich habe eine Tüte „Geschnitzeltes nach Stroganoffart FiX“, damit wird es schon gut werden. So hat man für die nächste Mahlzeit eine Idee und muss nicht lange am Herd stehen. Nur noch Reis dazu. Fertig.
Wir essen schnell, weil es auf einmal ziemlich schattig geworden ist. Den Tee trinken wir schon im Wohnmobil. Während ich Geschirr spüle, macht Torsten den Grill sauber und verstaut alles im Kofferraum. Als er zurück kommt, pfeift der Teekessel auf dem Gasherd freundliches Lied. Jedes Mal, wenn er pfeift, spreche ich mit ihm und animiere noch mehr von sich zu geben, ein bisschen lauter zu sein, und drehe dann ihm Gas ab.
Torsten war lange draussen und kann nicht warm werden. Nimmt Heizdecke und so langsam kehren zu ihm die Lebensgeister zurück. Ich nehme nach ihm die Heizdecke und teile sie mit Schilka. So haben alle was davon und werden wieder warm.
Schilka will sofort schlafen, Torsten auch, ich sitze und schreibe auf dem IPad meine letzten Notizen für drei Tage in Åvika auf. Denn morgen werden wir wieder unterwegs sein und ich will fertig werden, alles nachholen und meinen Reisebericht tagaktuell verfassen. Vorausgesetzt, dass man etwas erlebt. Aber da bin ich 100-Prozent sicher, die Abenteuer liegen vor uns nicht weit entfernt oder doch? Fast 2500 km entfernt… So viel sind wir bereits hinter uns gelassen und diesselben liegen vor uns. Im Grunde haben wir die Hälfte des Weges geschafft. Dann schaffen wir auch die andere Hälfte. Jetzt ist die Schlafenszeit angesagt..
Der 4. Mai 2025 Åvika, Norwegen (immer noch)
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