
Auf der Promenade in Molde
Heute morgen wurden wir Beobachter von verschiedenen Vögeln, die vor unserem Wohnmobil liefen, schwammen, flogen oder wir haben einfach ihre Rufe gehört, zum Beispiel vom Gänsepaar. Dann kam noch ein Gans zu unserem Pärchen dazu und flog wieder weiter. Das sind kleine I-Tüpfelchen unserer Reise. Und es ist noch nicht das Ende. Was werden wir noch erleben oder sehen? Hoffentlich noch viel…

Parken gegenüber Anlegestelle in Molde und dann in die Stadt
Nach dem Frühstück überlegen wir, wie können wir die Übernachtung bezahlen, denn gestern Abend kam der Wärter gar nicht vorbei und heute morgen wollen wir los. Unser Problem: Wir haben keinen passenden Betrag in Kronen. Wir entscheiden uns, mit Euro zu bezahlen. Torsten hat nur 10 Euro mit. Zu wenig. Ich finde in meinem Portmonee den 20 -Euroschein. Super. Torsten nimmt Zettel, schreibt ein paar Worte darauf und wickelt den Schein in Zettel ein, bringt zum Briefkasten. Der Briefkasten sieht so schäbig aus, dass wir zweifeln, ob der Wärter da reinschaut. Aber gutes Gewissen ist unbezahlbar. Vielleicht wird er eines Tages das Geld finden und sich darüber freuen. Aber wir müssen los…

Stadt Molde
Wir fahren nach Molde, weil Torsten wieder etwas zum Fischen braucht. Gleichzeitig erzählt er von irgendwelchem Fischladen bzw. Fischräucherei und ich nehme an, wir fahren dahin.
Er parkt direkt gegenüber einer Anlegestelle von Fähren in Molde, sodass ich in meinem Unterbewussten annehme, dass wir später mit einer davon weiter müssen. Mittlerweile denke ich, dass wir jeden Tag mit Fähre fahren müssen und nicht einmal, sondern mehrere Male, um überhaupt weiter zu kommen. Deshalb ist diese Annahme logisch und nachvollziehbar. Aber anscheinend haben wir die ganze Zeit aneinander vorbei geredet bzw. uns gegenseitig nicht zugehört. Das wissen wir jedoch noch nicht.
Wir gehen durch die Stadt spazieren, - sagt Torsten. Okay. Wir gehen: am Rathaus und der Geschäftsmeile vorbei, an einem „Rosenmädchen“ ohne Rosen, an einem Park mit Denkmal dem REDAKTØREN KIEEL STEINSVIK (1903-1977), über den im Internet nichts zu finden ist, an Restaurants und teuren Boutiquen. Wir bleiben stehen, Torsten läuft über die Straße, steht unschlüssig da. Ich folge ihm und höre von ihm, dass der Fischerladen nicht mehr da ist. Die Adresse stimmt nicht mehr.
Beim Schlendern durch die Straßen habe ich einen Werbestand gesehen, wo ein Fisch abgebildet war. Ich habe noch zu Torsten gesagt, schau mal, hier gibt es Fisch. Zumindest dachte ich, dass es um ein Fischrestaurant handelt. Torsten hat mir nicht zugehört, jetzt wiederhole ich, dass ich auf der anderen Straßenseite ein Werbeplakat mit dem abgebildeten Fisch gesehen habe. Ob der Laden umgezogen ist?
Und tatsächlich, das ist der Laden. Er geht rein, ich bleibe mit Schilka draußen und gehe mit ihr zur Mole. Es ist schön hier, sehr gepflegt wie im Park, nur am See. Torsten entdeckt mich, kommt und hat nichts in der Hand.
- Wo ist Fisch? - frage ich ihn.
- Welchen Fisch?
- Den geräucherten, - antworte ich.
Er guckt verdutzt mich an und sagt, dieser Laden ist doch nicht hier, er ist woanders.
- Und was wolltest, du dann kaufen?-
- Pilker und noch was anderes zum Fischen.
-….

Schön bunt…und malerisch
Ich bin baff, bis jetzt hat er noch keinen einzigen Fisch geangelt. Die Rechnung für nötige Ausrüstung, die Torsten bereits in Deutschland gekauft hat, beträgt ca. 113 Euro. Ich rechne im Kopf, wie viel Fische könnte man beim alten Seemann von Åvika für dieses Geld bekommen. Nach dem Kopfrechnen äußere ich meinen Gedanken laut: „Für dieses Geld hättest du vom alten Fischer aus Åvika die ganze Kiste voll Fisch bekommen. Denn für einen Dorsch beträchtlicher Größe haben wir nur 5 Euro bezahlt. Hmmmm…?
- Du kriegst noch dein Fisch, - entgegnet Torsten, und ich höre gewisse Gereiztheit in seiner Stimme.
Wer glaubt, ist selig, denke ich skeptisch und verspreche ihm, wenn er einen einzigen Fisch angelt, dann gibt es für ihn ein Tanz von mir.
Auf der Promenade ist es interessant, fremde Menschen zu beobachten. Manche sind nicht allein, die andere sitzen allein und schauen verträumt in die Ferne. Ich höre zuerst seine Stimme, dann entdecke, von wo diese Stimme kommt. Ein sehr alter Mann mit weißem bauschigen Seemannsbart und mit einem Gehstock. Er spricht laut mit einem anderen grauhaarigen Mann. Der Alte ist laut, wahrscheinlich weil er schlecht hört, so verwende ich die Deduktionsmethode des berühmten Sherlock Holms. Obwohl er laut spricht, erkenne ich seine Sprache nicht, nur ein paar englische Worte. Norwegisch…
Der alte Mann ist für mich sehr amüsant, er erzählt etwas mit Begeisterung und gestikuliert dabei unentwegt. Der Stock wird in diesem Moment nicht als Stütze gebraucht, sondern wie ein Lehrerzeiger in der Schule. So halte ich ihn fest vor Augen, Stock gen See gerichtet, den Körper gebeugt über anderen sitzenden und ihm zuhörenden Mann.
Ich fotografiere ihn heimlich, aber er ist so beschäftigt mit dem Erzählen, dass ich es gar nicht heimlich machen müssen. Während ich noch andere Fotos mache, höre ich russische Sprache im Hintergrund. Zwei Männer sitzen an einem von vielen Holztischen von irgendwelchem Imbiss, der noch geschlossen ist. Die Sprache, die sie dabei benutzen, ist derb und ich suche die Weite, um nichts davon hören zu müssen oder um nichts dazu etwas äußern.
Torsten geht zu einer Donatsbude und bleibt dort stehen, schon wieder in ein Gespräch verwickelt, diesmal in Deutsch. Ich mache noch ein paar Fotos und geselle mich zu ihm. In der Bude sitzt älterer Herr und sagt wenig. Der andere, hagere Mann ist auch schon in Jahre genommen, aber etwas jünger, spricht mit Torsten über sein Business. Er sagt, dass es Hobby für beiden ist. Sie arbeiten nur 2-3 Tage die Woche, bezahlen 10.000 Kronen im Jahr für Platz und machen 3 Mln. Kronen im Jahr damit. Später denke Ich über diese Aussage nach und komme zum Ergebnis, dass er Torsten auf den Arm nehmen wollte. Torsten rechnet anders und glaubt daran, denn wenn Touristen kommen, sagt er, dann „brennt die Bude“, insbesondere in Monaten Juni-Juli. Sie beginnen im April und bis Oktober, dann Schluss. Im Hochsaison arbeiten sie sogar zu dritt in dieser kleinen Bude, der ein nur verkauft, der andere steht vorm Herd. Sie bieten Torsten sie abzukaufen. Torsten fragt nicht nach dem Preis. Die Antwort hätte mich dagegen gerne interessiert.
Da Torsten sich länger als geplant an der Donatsbude gestanden, drängt er jetzt mich auf einmal, schneller zum Parkplatz zu gehen, weil seiner Meinung nach, die Parkuhr abläuft. Davor hat er mir gerade mit Stolz erzählt, dass es hier so praktisch ist mit Parkuhren. Mit einem App kannst du deine Parkuhr jederzeit unterwegs mit Handy verlängern. Deshalb verstehe ich nicht, warum diese Eile. Aber ich sehe eine Fähre, die gerade anläuft und meine, es zu verstehen. Wir müssen uns beeilen, damit wir diese Fähre noch erreichen. Schon wieder ein Missverständnis.
Ich beeile mich. Schnell schnell…zur Fähre,…die Autos fahren darauf….Aber Torsten denkt gar nicht daran, darauf zu fahren: „Wieso? Wir fahren doch weiter, wir brauchen Fähre gar nicht.“ So, jetzt sprechen wir wirklich verschiedene Sprachen.
Irgendwie ist Torsten heute unruhig, von ihm höre ich die ganze Zeit nur: komm und komm. Wir sind beide gereizt deswegen. Er, weil er die ganze Zeit davon redet, dass man kein Parkplatz kriegt, ich weil er die ganz Zeit mich drängelt und unter Druck setzt. Ich steige ins Auto und setze mich diesmal nach hinten und nicht nach vorne. Ich löse während der Fahrt Kreuzworträtsel und schaue nicht mehr aus dem Fenster. Es dauert nicht lange und wir sind schon da.
„Rosenmädchen“, Rathaus, Badestelle, Blumenladen und Co, Spielplatz, der Alte mit wessen Bart …

Zwei Seeadler auf Askevågen Viewpoint
Jetzt verstehe ich ihn, was er die ganz Zeit damit gemeint hat, als er über einen Stellplatz sprach und ob wir noch ihn bekommen. Askevågen Viewpoint befindet sich direkt an der Küste und wir waren schon einmal hier. Es stehen nur ungefähr drei Plätze zur Verfügung. Die meisten Menschen kommen, schauen sich um und fahren weg, Torsten will hier stehen bleiben wie einst. Das ist der Platz, wo wir uns dem freundlichen Norweger begegnet sind und der uns seine Fische geschenkt hat. Nun, hat Torsten seinen Platz gekriegt und freut sich. Meine Laune bleibt unverändert. Der freundliche Norweger fehlt auch.
Und plötzlich ruft Torsten, ich soll schnell rauskommen. Ok, ich beeile mich. Er zeigt aufs Wasser, da ist vielleicht ein Wal. Wie bitte, ich bin gespannt, nehme Handy, zoome, finde nichts. Er gibt mir sein Fernglas. Ja, ich sehe was, keine Ahnung was. Auf Åvika habe ich Schweinswale gesehen, sie schwimmen anders. Hier kann ich nichts sehen ausser aufwallende Wellen und etwas Dunkles, was immer wieder aus dem Wasser auftaucht. Ein Pärchen, das früher angekommen ist, hat ihn wahrscheinlich irritiert. Sie hatten auch ein Fernglas und sprachen vom Meerestier. Dann wurde es wieder ruhig und kurz später sagt Torsten, dass es keine Tiere waren. Wieso? Das waren Riffe, die bei der Ebbe solche Wellen erzeugt haben. Na gut… vielleicht sehen wir noch Wale..
Dafür aber sehen wir in der Nähe auf einem Hügel zwei Seeadler sitzen und vermuten, dass es ein Paar ist. Die sind real. Sie sitzen sehr lange dort, dann fliegt einen weg, später der andere. Und dann wiederum sehen wir sie aus unserem Fenster zum See vorbei fliegen, grosse Flügel, starker Körper. Später nachmittags sehe ich wieder einen auf dem Hügel sitzen. Dann sehen wir beiden nicht mehr. Vielleicht werden wir sie morgen sehen?
Wir sehen sie viel früher als gedacht, am selben Abend bei Dämmerung beim Fischen. Das ist wirklich schöner Anblick, aber der Seeadler ist so schnell, dass man ihn mit Kamera nicht erwischt, vor allem vom Fenster aus. Aber das passiert erst abends…
Heute Mittag wird gekocht. Nudel mit Rahmsouce mit Pilzen und Geschnitzeltem. Endlich mal normales Essen. Torsten räumt auf, so lautet eine selbst aufgestellte Regel mit weniger Ausnahmen:Ich und decke den Tisch, Torsten räumt ab und spült. Es ist nicht viel, heute: 2 Teller, 2 Gläser, 2 Löffel.
Diese sog. Regel begann mit plötzlicher Allergie auf Spülmittel und zwar vor etwa 7 Jahren in der Schweiz. Wir hatten keine Spülmaschine. Alles während des Kochens und danach habe ich unzählige Male am Tag per Hand gespült. Eines Tages bekam ich einen Ausschlag, und er hörte nicht mehr auf. Ich habe alle Spülmittel ausprobiert. Es ging einfach nicht mehr. So kamen wir zu dieser unausgesprochenen Regel. Jetzt kaufe ich Spülmittel von Amwey, dann geht es halbwegs gut mit spülen. So viel dazu.
Während Torsten schon fast fertig ist, passiert ihm ein Malheur. Ihm fällt aus der Hand die 2L-Ölflasche, die er wegräumen wollte. Der neuen, vor kurzem in Holland gekauften Teppich für Wohnmobil ist hin. Das war der einzige, der uns beiden gefallen ist, weil er nicht rutschig war und von der Größe gut in unser Wohnmobil passte.
Im Nu saugt er das verschüttete Öl auf. Waschen im Moment ist unmöglich und Torsten, ohne mich darüber zu informieren, aus Frust und Verstimmung entsorgt ihn. Sauerei … so oder so. Man könnte ihn in einen Plastikbeutel tun und später waschen, darüber hat er nicht gedacht. Stimmung ist unter 0 Grad.
Er räumt und wischt auf, immer noch frustriert, ich schweige. Will nicht diese gereizte Stimmung noch mehr verstärken. Gehe lieber „aus dem Weg“ emotional und physisch. Kein Wort, kein Kommentar, will meinen Ruhepol finden, der mir heute eindeutig ganzen Tag fehlt. Es war genug Aufregung für heute .

Was passiert da gerade? Direkt bei der Ankunft zum Askevågen Viewpoint
Später gibt es wieder ein Gespräch, aber nur kurz. Torsten hat einen Fisch gefangen, aber er war klein und er hat ihn losgelassen. Nein, heute ist nicht unser Tag. Gut, dass er zuneige geht. Vielleicht morgen wird es besser bei uns laufen. Oder sind wir beide zu müde?
Ich will nicht fragen, was wir morgen machen, ob wir weiter fahren oder stehen bleiben. Will nur im Stillen sein. Und es ist still. Schilka ist auch ungewöhnlich still heute, liegt im Körbchen und zeigt sich gar nicht. Das Wasser ist sehr still, Torsten schweigt, macht eigene Gedanken, schaut ins Fernglas. Still wie noch nie. Gut so…

Der Sonnenuntergang in Askevågen
Später macht die Natur alles wieder gut. Der Sonnenuntergang ist atemberaubend. Wie oft habe ich schon dieses Wort benutzt, um zu beschreiben, was wir gesehen haben?! Mir fehlen die Worte…
Torsten geht nochmal abends mit Angel raus. Er hat schon wieder einen kleinen Dorsch am Haken und meint, das ist wieder derselbe „Unglücksrabe“ und lässt ihn zum zweiten Mal zurück ins Wasser: hört sich an, wie das russische Märchen „Goldfischlein“. Vielleicht werden wir dafür belohnt wie im Märchen? Ja, zum Beispiel, indem auch Torsten‘s Laune sich bessert.
Spät abends erzählt er, dass er beim Angeln etwas erlebt hat. Er sah zuerst einen Fisch paar mal aus dem Wasser springen und dann plötzlich tauchte der Robbenkopf aus dem Wasser auf und sie schaute Torsten an, dann tauchte ein. Das machte sie noch einmal und verschwand. Vermutlich, war diese Robbe auf Fischjagd und der Fisch sprang aus dem Wasser, um zu entkommen? War es der „Unglücksrabe“? War die Robbe erfolgreicher als Torsten?
Der 9. Mai 2025 neigt zu Ende, der Tag war stressig, aber der Abend war wieder schön. Gute Nacht Seeadler, Gänse und Möwen, Robben und Fische, gute Nacht Askevågen Viewpoint!
Den 9.05.2025, Askevågen, Norwegen
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