
Tana bru
Heute haben wir als Ziel - Tana bru. Eigentlich wollen wir nach Verdø, so wie es uns ein Norweger empfohlen hat. Der echte Nordfahrer muss nach Vardø und Hamningberg fahren.
Auf dem Rückweg vom Nordkap hielt Torsten bei einem Silberschmied. Sein Shop kann man als ein Museum betrachten. Der Besitzer erlaubte mir Fotos zu machen. Er spricht deutsch, kommt auch aus unserer Ecke. Vor 60 Jahren ungefähr, direkt nach dem Studium, kam er nach Norwegen, machte eine Lehre zum Silberschmied. Er schmiedet nach Museumsvorlagen schöner Wikinger- und Samenschmuck. Ich darf mir etwas aussuchen. Mir gefällt sofort der geschmiedete Anhänger in Form eines Renntieres. Genau wie die Samen sie gemalt haben auf den Felsen oder Trommeln. Es ist die Einfachheit der Form, die mich fasziniert. Wie kann man mit nur ein paar Linien die Figur des Tieres so getreu wiedergeben?
Für mich ist es richtig kunstvoll. Und ich „verliebe“ mich sofort in diesen Anhänger. Vielleicht auch darum, dass wir die letzte Zeit so viele Rentiere gesehen haben? Ich bin auch „verliebt“ in diese wunderschönen Geschöpfe. Wie anmutig sie sind in ihrer winterlichen „Bekleidung“! Und wie sie mit der Landschaft verschmelzen, sie sind fast unsichtbar. Plötzlich sind sie da und dann sind sie wieder weg. Auf jeden Fall habe ich jetzt mein „Rentier“ bekommen. Er hängt an meinem Hals und ich ertappte mich immer wieder beim Streicheln an seiner glatten Oberfläche, der Linien des Figürchen entlang, dann drehe ich ihn noch zu recht und lasse los. Er ist jetzt mein Lieblingsschmuck.
Wie bei jedem Volk diente der Schmuck ihren Besitzern oft als Amulette. Nichtsdestotrotz ist es interessant darüber zu erfahren. Während mein Mann mit dem Rheinländer alle Themen durch hat, lese ich die Infos.
Sie würden noch länger plaudern, wenn nicht noch ein Pärchen reinkommt. Der Schmied empfiehlt uns die Route über Tana bru zu fahren. Sie war sehr schön und vor allem ruhig, weg vom Stress. Nur abschnittsweise war die Strasse in einem miserablen Zustand. Dann ist 1 km zu viel, strapaziert unsere Nerven und, oh Wunder, ich werde wieder müde und nicke ein.
Es waren schöne Landschaften, an welchen wir vorbei fuhren, aber ich hatte keine Kraft mehr, sie zu fotografieren. Ich habe nur aus dem Fenster geschaut. Das ist einfacher. Ich habe genug Fotos gemacht während der sechs Wochen Fahrzeit. Ich möchte mich entspannen, fühle mich in letzter Zeit nur müde. Ich nehme Torsten das Versprechen ab, dass wir ein paar Tage stehen bleiben wenn wir einen schönen Stellplatz finden sollten. Torsten ist damit einverstanden. Jetzt muss man nur diese eine Stelle finden.
Die Fahrt war für uns beide sehr anstrengend, teilweise ziemlich stressig und teilweise entspannt. Wir haben wieder viele Rentiere gesehen, Schneehühner und -hasen und auch Schwäne. Vor allem in kälteren Regionen, wo die Vegetation noch gar nicht soweit ist, wie in den wärmeren Küstenregionen. Warum haben sie diesen halb gefrorenen See gewählt? Und vor allem, warum sahen wir nur Einzeltiere und nicht Paare? Das bleibt uns ein Rätsel. Ich habe kein einziges Foto von den anmutigen Tieren gemacht, so plötzlich sahen wir sie im Wasser. Aber das waren schöne Momente.
An einem Strand hielt Torsten das Auto an, damit ich die Küste fotografiere. Das war ein Strand mit vielen bunten Kieselsteinen und Felsbrocken. Als ich näher zum Wasser kam, hörte ich ein leises zischendes Geräusch. Anfangs dachte ich an irgendwelches Tier oder dass der Boden unter meinen Füßen nachgibt. Ich horchte auf und entdeckte, dass viele Muscheln noch lebend waren, entweder schlossen sie sich mit diesem saugendem Geräusch oder öffneten sich. Ich ging dann lieber weg , um sie nicht zu zerstören und fotografierte die Steine für meine Fotogalerie.
In Tana bru hat uns der Campingplatz überhaupt nicht gefallen. Nach der vergangenen Nacht, wo wir direkt an der Straße standen und laute Musik ertragen mussten, anscheinend wurde etwas gefeiert bis spät in die Nacht. Die Vorstellung noch eine solche Nacht zu verbringen, kam uns beiden nicht in Frage. Ich sagte, mir ist ganz gleich, wo wir stehen bleiben, aber nicht hier. Jeder Camper stand wie es ihm gefiel auf einer unebenen Wiese, der Platz war ein pureres Chaos. Wir drehten um und fuhren noch weitere 60 km zum Vadsøya Kulturpark. Und es hat sich gelohnt. Die Aussicht ist schön, wir stehen gut und hoffen, eine gute erholsame Nacht hier zu verbringen. Morgen möchten wir durch den Park spazieren gehen und dann sehen wir weiter, wohin der Weg uns führt.
Den 01.06.2025, Vadsøya, Norwegen
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