
Im Hafen von Vardø
Gestern als wir nach Varsøya kamen, war der Wind so unerträglich, dass wir uns entschieden haben, den Besuch des Varsøyas Naturparks auf den nächsten Tag zu verschieben. Und heute nach dem Frühstück haben wir uns sehr warm eingepackt, Torsten nahm noch sein Fernglas und wir gingen los durch die Parkanlage. Zuerst wurden wir informiert, dass man auf der Insel sehr gut verschiedene Vogelarten beobachten kann. Tatsächlich habe ich schon gestern getarnte Beobachter mit großen Kameras gesehen. Heute sind noch mehr Menschen unterwegs, die mit Ferngläsern und Kameras ausgestattet sind, und rund um den See herum ihren Beobachtungsposten eingenommen haben.
Wir gehen zuerst von einer Infotafel zur anderen. Lesen Infos und schauen uns alles an, was sie so berichten.

„1,8 km langer Rundweg im Kulturpark Vadsøya. Der Weg beginnt am Fjordhotel Vads, führt ostwärts zum Luftschiffmast, um den Teich herum und zurück zum Hotel. Im Kulturpark gibt es mehrere alternative Wege. Sehr leichte Wanderung, für jedermann geeignet. Direkt südlich des Luftschiffmastes befinden sich ein Unterstand und ein Lagerfeuerplatz“, - lautet die Beschreibung.

Alle haben wir nicht gesehen , aber einige…

Die Info in deutscher Sprache ist vorhanden, da komme ich auch ohne Übersetzung klar.
Wir lesen über Kirkegården:
„Der Kirchhof entstand wahrscheinlich zeitgleich mit der Gründung eines Fischerdorfes auf Vadsøya um 1500.
Auf dem Kirchhof wurde um 1570 Vadsøs erste Kirche errichtet – eine Langkirche aus dem 15. Jahrhundert, 10 Meter lang und mit einem 7 m² großen Chor. Die gesamte Kirchenfläche war 57 m lang und 29 m breit…
1711 wurde eine neue Kirche auf dem Festland geweiht. Das Holz der alten Kirche wurde für eine Missionskapelle in Angsnes in Nesseby verwendet.
Das Altarbild von 1625 befindet sich heute in der Polmak-Kirche in Tana.
Ein Pomorenkreuz, fotografiert auf dem Friedhof um 1570. 1935. Foto: Autor Harald Riesto, Fotograf unbekannt.
Pomorenkreuz auf dem Friedhof
Der Ort wird im Volksmund „Russekirkegärden“ genannt – russische Pomorenfischer und -händler wurden hier im 19. Jahrhundert und möglicherweise schon früher begraben.“
Am nächsten Tag in Vardø entdecken wir ein Denkmal und ein Museum der Pomorenfischer, auf der Tafel steht in Russisch «Поморский музей». Wenn das Wetter es erlaubt, möchten wir morgen mehr über die Geschichte der Pomorenfischer erfahren.
Wir gehen zur weiteren Infotafel. Sie berichtet uns über die Grundreste Vadsø des 1500 J.: „Die Fundamentreste in diesem Gebiet gehen auf einen um 1500 entstandenen und bis ca. 1650 bewohnten Fischerort zurück. Dieser war ein Verwaltungs- und Wirtschaftszentrum in Varanger. Die stadtähnliche Bebauung führte zur Bezeichnung „Mittelalterstadt". Unten am Wasser befanden sich Lager- und Bootsschuppen, Trockengestelle für Fisch und Wonhäuser von Kaufleuten und Beamten. Weiter oben sind Reste von Erdhütten erhalten,Diese ähneln oft bekannten Mehrraumanlagen aus dem 13. bis 15. Jahrhundert. Vadsøya weist die höchste bekannte Konzentration solcher Anlagen auf.
Der nächste Ansichtspunkt ist nicht zu übersehen. Im Kulturpark steht der Luftschiffmast, an dem die Luftschiffe Norge (1926) und Italia(1928) festgemacht haben.
Auf der Memorialtafel steht: IN GEDENKEN AN DIE ANLEGEZEIT AM 5. MAI 1928 DES SCHIFFS „ITALIA“, DAS UNTER DEM KOMMANDO VON GENERAL UMBERTO NOBILE AM 24. MAI DEN NORDPOL ERREICHTE UND IN GEDENKEN AN ROALD AMUNDSEN, der seinen Namen durch das Opfer seines Lebens mit diesem Unternehmen verband.“
Die andere Memorialtafel ist den drei mutigen Männer, ROALD AMUNDSEN, LINCOLN ELLSWORTH, UMBERTO NOBILE und der Besatzung des Luftschiffes „Norge“ gewidmet.
An diesem Mast machte 1926 das Luftschiff „Norge" fest, und von hier ging dann The Amundsen - Nobile - Ellsworth
Transpolar Flight" weiter über Spitzbergen und den Nordpol nach Alaska. 1928 landete das Luftschiff „Italia" hier mit Umberto Nobile auf dem Flug zum Nordpol. Auf dem Rückflug havarierte das Luftschiff.
Wir kommen zu der Infotafel Nummer 3 eine Erinnerungstafel an den 2. Weltkrieg. Im zweiten Weltkrieg waren deutsche Truppen mit bis zu 2200 Mann in Vadsø stationiert. Zu sehen sind hier Schützengräben, ein Gefechtsstand und Geschützfundamente mit Bunkern.
Auf der Ostseite des Luftschiffmastes ist im Gelände eine Senke zu erkennen, ursprünglich der Boden eines Binnensees. In der Zwischenkriegszeit wurde der einem Amphitheater ähnliche Platz von der Arbeiterklasse für Fußballspiele und Leicht-athletikwettbewerbe genutzt. Damals unterschied man in Norwegen streng zwischen Arbeitersport und „bürgerlichem" Sport. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde diese Anlage für Fitness- und Trainingsaktivitäten genutzt.
Anfang des 20. Jahrhunderts wurde hier eine Ziegelfabrik errichtet. Etwas weiter unten, am Wasser, entstand eine Mühle. Außerdem gab es hier Fischereibetriebe und Kais. 1947 wurde mitten auf der Insel eine Trabrennbahn angelegt. Bei Wettbewerben liefen jeweils zwei Pferde gegeneinander. Diese Rennbahn wurde bis in die 1950er Jahre genutzt.
Als wir am Teich ankommen, ist er umkreist von Beobachtern und Fotografen. Es gibt da eine Show: Die Odinshühnchen. Wir denken, dass sie einen Balztanz aufführen und so um die Weibchen werben. Wie verwundert bin ich dann später, als ich erfahre, dass es sich gar nicht um einen Tanzen handelt. Das Odinshühnchen weist wie auch anderen Wassertreter eine einzigartige Art des Nahrungserwerbs auf: Beim Kreiselschwimmen wirbelt der Vogel Nahrungspartikel auf, die er ruckartig von der Wasseroberfläche aufpickt. Bei allen Wassertretern sind die Geschlechterrollen vertauscht: Die bunter gefärbten Weibchen balzen Männchen an und verjagen Konkurrentinnen. Wir könnten sie stundenlang beobachten und verstehen auch alle anderen, die das faszinierend finden.
Wir bekommen (Glück muss man haben) auch den Flussuferläufer (Calidris pugnax) zu Gesicht. Er ist eine von nur zwei Vogelarten weltweit, die in unterschiedlichen genetischen Varianten vorkommen. Dies erkennt man an den sehr unterschiedlichen Farben der Männchen im Gefieder und an den Warzen am Schnabelansatz. Bisher ist es niemandem gelungen, zwei völlig identische Männchen zu finden. Der Flussuferläufer überwintert größtenteils in Afrika und erreicht Vadsøya Mitte Mai. Die Art ist stark zurückgegangen und gilt als stark vom Aussterben bedroht.
Dank der nordöstlichen Lage von Vadsø kann man hier oft arktische und östliche Arten beobachten, die im übrigen Norwegen und in Europa insgesamt sehr selten sind. Dabei handelt es sich vor allem um Wat-, Enten- und Möwenvögel. Der See auf der Insel ist bei verschiedenen Vogelarten Brutgebiet und als Rastplatz sehr beliebt.
Wir können die Küstenseeschwalben beobachten, sie ist eine Vogelart aus der Unterfamilie der Seeschwalben. Sie gilt als der Zugvogel mit der längsten Zugstrecke, da sie in der Nordpolarregion brütet und in den Südpolarregionen überwintert.
Eiderenten, Möwen aller Art und dann bekommen wir auf dem Weg nach Vardø noch einen Steinadler zu sehen, das ist ein Geschenk ohnegleichen. So viel Natur so nah zu erleben wird man so schnell nicht vergessen. Das war ein sehr schöner Morgen, trotz Wind und dem unfreundlichen Wetter. Nun kehren wir zurück zum Wohnmobil. Die Reise dauert heute nicht so lang, es sind nur etwa 60 km. Wir fahren an einer sehr schönen Seeküste entlang. Kann mich nicht satt sehen. So schön es ist.
Wir kommen nach Vardø, der Stellplatz befindet sich unmittelbar im Hafen der Stadt. Strom ist vorhanden. Torsten holt einen Luftheizer und ärgert sich, dass ihm das erst jetzt bei der Rückreise eingefallen ist, ihn zu benutzen. Wir haben nur mit wenigen Ausnahmen immer Strom gehabt und könnten dadurch Gas sparen. Nun, wie sagt man so schön, lieber spät als nie. Im Wohnmobil wird es im Nu kuschelig warm, sogar zu warm.
Plötzlich hören wir das Horn eines Ozean Riesen und erinnern uns, dass hier auch die Hurtigruti ihren Halt macht. Ich sehe einige, mit Kameras ausgestattet, an unserem Fenster vorbei laufen. Ich überlege nicht lange, ziehe mich an und raus in die Kälte. Es hat sich gelohnt. Zwar war es kein Hurtigruti, aber ein Liner, der die Route Bergen-Kirkenes-Bergen fährt. Ich kann ihn ausgiebig und aus der Nähe filmen. Er ist schon einen Blick wert. Wo kann man so nah, so ein Schiff sehen - wenn nicht hier!
Vielleicht sehen wir morgen noch mehr? Für heute ist es genug.
Den 2.06.2025, Vardø, Norwegen
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